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In die Röhre geschaut

23.11.2014
Welt am Sonntag

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Der Insolvenzverwalter des TV-Herstellers Metz verhandelt mit mehreren Investoren
Andre Tauber

Die Werkshalle im fränkischen Zirndorf, sie entstammt Zeiten, als es noch sehr aufwendig war, einen Fernseher zu bauen. Röhren und Kunststoffgehäuse waren groß und sperrig, die Elektronik kompliziert. Daher brauchten die Fertigungsstraßen der Traditionsmarke Metz einst sehr viel Platz. Das ist heute anders. Seit sechs Jahren reichen Metz zwei sehr kurze Produktionslinien, um die modernen koreanischen Flachbildschirme in die Gehäuse zu setzen. In der Fabrik stehen deswegen viele Flächen einfach leer.

Die Fabrikhallen kann man als Symbole für den Wandel sehen, den die Unterhaltungselektronik durchlebt. So passt es, dass sich ausgerechnet hier die Metz-Beschäftigten am Donnerstag trafen, um über das Unausweichliche informiert zu werden: die Insolvenz. Schon seit Monaten hatten sie gewusst, dass dieser Tag kommen könnte. Zuletzt verzichteten sie auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, um ihren Arbeitgeber zu entlasten. Gereicht hat dieser Verzicht nicht. Metz steht nun unter Insolvenzverwaltung.

Die Pleite kommt mit Ansage. Seit mindestens zwei Jahren hangelt sich der Traditionshersteller Metz durch eine Branchenkrise. Die Einführung von Flachbildschirmen im Massenmarkt vor gut zehn Jahren hatte zunächst zu einem Boom geführt. Doch mittlerweile gibt es Überkapazitäten, und die Preise sinken. Vor allem kleine Marken tun sich im Wettkampf mit Giganten wie Samsung und LG schwer. Im vergangenen Jahr beantragte deswegen auch der Kronacher Premiumhersteller Loewe die Insolvenz.

Das Misstrauen der Gläubiger in Metz war zuletzt groß. Die Banken, bei denen das Unternehmen mit 8,8 Millionen Euro in der Schuld steht, machten Druck. Vergangenes Jahr setzten sie Geschäftsführer Norbert Kotzbauer eine Frist: Bis Ende 2014 sollte er Fortschritte bei der Sanierung zeigen. "Sollten innerhalb der Laufzeit der Vereinbarung die Auflagen vonseiten Metz nicht eingehalten werden können", warnte das Unternehmen im Frühjahr in einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger, "entstehen entsprechende Risiken auf der Liquiditäts- und Finanzierungsseite."

Kotzbauer bemühte sich. Er lockerte den Vertrieb und wollte künftig auch in Elektronikmärkten Geräte verkaufen, statt ausschließlich über den inhabergeführten Fachhandel. Auf der Internationalen Funkausstellung (Ifa) in Berlin präsentierte er neue, moderne Produkte. Den erhofften Erfolg brachten sie nicht. Metz steigerte zwar den Marktanteil in Deutschland und erreichte nach eigenen Angaben im Oktober einen Umsatzanteil von 16 Prozent. Doch offenbar ließen sich damit weder die Gläubiger besänftigen noch neue Investoren anlocken.

Das Insolvenzverfahren könnte nun dazu dienen, die Verhandlungen mit den Investoren zu beschleunigen. "Sie haben in der Insolvenz einen großen Nachteil, dass die Marke erschüttert wird", sagt Joachim Exner, Partner der Kanzlei Dr. Beck & Partner, der zum Insolvenzverwalter von Metz bestimmt wurde. "Auf der anderen Seite haben Sie die Möglichkeit, Sanierungsmaßnahmen leichter durchzuführen." Aus einer Insolvenz können Unternehmen, von Altlasten befreit, plötzlich wieder überlebensfähig hervorgehen. Erfahrung hat der Rechtsanwalt. Er war einst schon mit Grundig befasst. Die deutsche Traditionsmarke ist mittlerweile in türkischer Hand, beschäftigt aber noch immer Mitarbeiter in Deutschland. Im vergangenen Jahr war Exner zum Insolvenzverwalter von Loewe bestellt worden.

Die Hoffnungen in der Belegschaft sind nun groß, dass Metz eine ähnliche Entwicklung wie Loewe nehmen könnte. Das Unternehmen hat zwar nur noch die Hälfte der Mitarbeiter von einst, und der Umsatz ist deutlich von Spitzenwerten entfernt. Dafür hat es aber wieder so etwas wie eine Zukunft. Die Kosten konnte Loewe durch eine Einkaufs- und Entwicklungspartnerschaft mit dem größten chinesischen Fernsehhersteller Hisense senken. In der kommenden Woche wird das Unternehmen mehrere neue TV-Geräte auf den Markt bringen. Für das erste Geschäftsjahr nach der Insolvenz sind bereits schwarze Zahlen geplant.

Exner wird sich schnell auf die Suche nach Investoren begeben müssen. Einige hatten bereits vor der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit Gespräche mit Metz geführt, bestätigt Exner gegenüber der "Welt am Sonntag". Mit ihnen solle weiter verhandelt werden. Darüber hinaus hätten sich in den vergangenen Tagen weitere Interessenten gemeldet, auch mit ihnen dürften Gespräche geführt werden.

Metz steht damit in jedem Fall vor einem Zeitenwechsel. Seit der Gründung vor 76 Jahren ist das Unternehmen aus dem fränkischen Zirndorf fest in Familienhand. Alleineignerin ist die 90 Jahre alte Helene Metz, Witwe des strengen Firmengründers Paul Metz. Auch wenn sie keine operativen Aufgaben mehr hat, schaute die alte Firmeneignerin bis zuletzt regelmäßig im Unternehmen vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.

Exner sieht nun Potenzial für einen Neubeginn bei Metz. "Ich habe ein absolut intaktes Unternehmen vorgefunden, das sein Produktsortiment bereits erneuert hat", sagt er. "Ein Unternehmen, das Marktanteile bis zur Insolvenzantragsstellung gewonnen hat und das sich neu im Markt positionierte." Es seien richtige Schritte gegangen worden. "Das muss man nun fortsetzen."

Deutsche Unternehmen können in der Unterhaltungselektronik auch künftig eine Rolle spielen, sofern sie sich eine Nische suchen, sagen Experten. "Im Massenmarkt", sagt Exner, "sind die deutschen Unternehmen aufgrund der geringen Stückzahlen letztlich nicht wettbewerbsfähig." Metz ist ein Nischenanbieter. Das Unternehmen richtet sich an eine Kundschaft, die sich auf das Rentenalter zubewegt. Ein guter Ton und einfache Bedienbarkeit sind für sie wichtig – und das Versprechen, dass Fernseher über Jahre hinweg gewartet werden.

Doch ob diese Vorzüge Metz weiter eine ausreichend große Marktnische lassen? Der Preiskampf jedenfalls hält an. "Es werden nach wie vor neue TV-Geräte verkauft. Nur die Preise pro verkauftem Gerät sinken", sagt Michael Schmid, Branchenexperte des Beratungsunternehmens Accenture. Darüber hinaus verliert der Fernseher in Zeiten von Smartphones und Tablets an Bedeutung. "Seine Monopolstellung wird von vielen anderen Geräten angegriffen", sagt Timm Hoffmann vom Branchenverband Bitkom.

So schwer der Markt ist, den Rückhalt der Belegschaft hat Insolvenzverwalter Joachim Exner. Viele Beschäftigte schöpften am Donnerstag so etwas wie Zuversicht, heißt es. "Es hat den Mitarbeitern gutgetan, auf der Betriebsversammlung zu erkennen, dass sie sich nicht auf stürmischer See befinden, sondern ein Hafen in Sicht ist", sagt Betriebsratschef Klaus Wilke. Eine Insolvenz, sie muss nicht das Ende für Metz bedeuten. Sie kann auch der Startpunkt für einen Neubeginn sein.