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650 Eisenmann-Mitarbeiter verlieren ihren Job

11.08.2020
szbz

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Böblingen / Holzgerlingen: Das insolvente Unternehmen wird zerschlagen / Qualifizierungsgesellschaft und 75 Prozent des Nettolohns für die Beschäftigten bis zum 8. Dezember. 

Das insolvente Böblinger Familienunternehmen Eisenmann wird zerschlagen. Dies teilte Insolvenzverwalter Joachim Exner den Mitarbeitern mit. Von den Entlassungen im Geschäftsbereich Lackieranlagenbau sind 650 Mitarbeitern betroffen. 200 am Standort in Böblingen, 450 in Holzgerlingen. 

„Der Verlauf des Verkaufsprozesses der Eisenmann-Gruppe hat eine schon fast tragische Dimension“, sagt Insolvenzverwalter Joachim Exner. „Eisenmann ist einer der weltweiten Technologie- und Innovationsführer in seiner Branche. Ohne die Corona-Pandemie befände sich die Eisenmann-Gruppe bereits im Besitzt eines strategischen Investors, und ein Großteil der Arbeitsplätze wäre gerettet.“ Mitte Februar 2020 sei eine Investorenlösung für die gesamte Gruppe zum Greifen nah gewesen: „Sämtliche Verträge und der Kaufpreis waren ausverhandelt. Die Unterschriften sollten im Frühjahr erfolgen“, so Exner. 

Gravierende Management-Fehler

„Die Stimmung ist natürlich völlig am Boden. Wir hatten alle die Hoffnung, dass ein Investor einsteigen würde und wir damit unsere Arbeitsplätze erhalten“, sagt ein Eisenmann-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der SZ/BZ lesen will. Dem Insolvenzverwalter Joachim Exner macht er keine Vorwürfe. „Die Corona-Pandemie hat die ganzen Verhandlungen zunichte gemacht.“ 

Der Insolvenzverwalter habe mit offenen Karten gespielt. „Für alle Beschäftigten, vor allem die Älteren, wird es in Corona-Zeiten natürlich sehr schwierig, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Da mache ich mir auch überhaupt keine Illusionen“, sagte der Mitarbeiter. Die rund 650 Mitarbeiter an den Standorten in Böblingen und Holzgerlingen, die nach jetzigem Stand vom Arbeitsplatzabbau betroffen sein werden, müssten sich jedoch nicht sofort arbeitslos melden. Stattdessen erhielten sie das Angebot, in eine sogenannte Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln, in der die Mitarbeiter bis zum 8. Dezember weiterbeschäftigt werden könnten und währenddessen 75 Prozent ihres letzten Nettoentgelts erhielten, macht Insolvenzverwalter Exner deutlich. Zusätzlich würden die Mitarbeiter in dieser Zeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützt. 

Alle Interessenten für den Geschäftsbetrieb Lackieranlagenbau hätten darauf hingewiesen, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie es unmöglich machten, die Umsatz- und Ertragsentwicklung für die nächsten zwei Jahre seriös zu planen. Zudem bestünde die Gefahr eines zweiten Lockdowns, der die weltweiten Märkte nochmals empfindlich treffen würde. „Aktuell geht kein potentieller Investor davon aus, dass in den nächsten Jahren eine nennenswerte Anzahl neuer Lackieranlagen-Projekte vorhanden sein wird“, so Joachim Exner. Der Lackieranlagenbau sei nahezu komplett eingebrochen. Zum Hintergrund: Lackieranlagen für die Automobilindustrie haben einen Auftragswert von bis zu 250 Millionen Euro. Das Geschäft mit dem Neubau von Lackieranlagen stellt jedoch den Kern der Tätigkeit bei Eisenmann Anlagenbau dar, sodass ein massiver Personalabbau unumgänglich sei. 

Erfolg bei Teilverkäufen

Zumindest bei Teilverkäufen war Insolvenzverwalter Exner erfolgreich. Sie betreffen nur Randbereiche. So ist kürzlich die Eisenmann Software-Tochtergesellschaft Enisco auf die Firma Forcam GmbH, ein Unternehmen des SAP-Gründers Dietmar Hopp, übertragen worden. 50 Enisco-Mitarbeiter werden weiterbeschäftigt. Auch der Eisenmann—Bereich Conveyor Systems für Hochleistungsmaterialflussanlagen hat offenbar einen Käufer und sichert damit rund 70 Mitarbeitern eine berufliche Heimat. Für die Geschäftsbereiche Application Technology mit 100 Mitarbeitern und Environmental Technology mit 50 Mitarbeitern laufen aktuell aussichtsreiche Verhandlungen zum Verkauf. Geplant sei auch, zumindest für Teile des Lackieranlagenbaus weiterhin einen Investor zu finden. 

Udo Abelmann, der zuständige Gewerkschaftssekretär der IG Metall Stuttgart, hat überhaupt kein Verständnis: „Es ist eine Schande, dass ein technologisch konkurrenzfähiges Unternehmen von den Inhabern in der Vergangenheit kaufmännisch so runtergewirtschaftet wurde. Die Beschäftigten haben in den vergangenen Monaten der Insolvenz engagiert und zuverlässig zu dem Unternehmen gestanden. Wir werden nun alles Notwendige unternehmen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten.“ Der Insolvenzverwalter geht nun von einer Veräußerung einzelner Teile aus, Udo Abelmann: „Betriebsrat und IG Metall werden diesen Prozess bis zum letzten Tag begleiten: In diesen Zeiten zählt jeder Arbeitsplatz.“