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Die Wiedergeburt einer deutschen Ikone

04.09.2015 | PDF
Handelsblatt

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Metz soll einem chinesischen TV-Hersteller die Tür nach Europa öffnen.

Joachim Hofer, Christof Kerkmann

Es sind zwei ungleiche Partner, die da zusammengefunden haben. Der eine stammt aus dem gemütlichen Zirndorf in Franken, der andere aus dem  rastlosen Shenzhen in Südchina. Der eine verlangt für „made in Germany“ Premiumpreise, der andere verkauft günstige Ware aus seinen chinesischen Fabriken, Der entscheidende Unterschied aber: Der eine ist tief in der Kriese, der andere will hoch hinaus.

Metz und Skyworth, diese so gegensätzlichen Unternehmen, treten in diesem Jahr gemeinsam auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin auf. Denn seit Mai gehört der deutsche Mittelständler zum chinesischen Konzern. Auf der Elektromesse in Berlin erläutern die beiden der Fachwelt erstmals ihre Strategie – und erklären, wie sie die Gegensätze überbrücken wollen. Der Auftritt erinnert daran, dann deutsche Unterhaltungselektronik-Hersteller im harten globalen Wettbewerb kaum mithalten können und oft nur noch der gute, alte Name bleibt. Metz ist nicht das einzige Beispiel auf der IFA.

Die Partnerschaft ist aus der Not geboren: Metz meldete im vergangenen Herbst Insolvenz an. Die Traditionsfirma stellt als einer der letzten Anbieter TV-Geräte in Deutschland her. Doch seit Jahren leidet sie unter der Konkurrenz asiatischen Hersteller, die deutlich günstigere Modelle anbieten. Metz richtete sich als Nischenanbieter mit hochwertigen und entsprechend teuren Produkten vor allem an ältere Kunden – das ging zuletzt immer weniger auf. „Die Branche ist grausam, man muss sich anpassen“, sagt Metz-Chef Norbert Kotzbauer nun. Was das bedeutet, ist auf dem Bildschirm neben ihm zu sehen: Metz will vom Konzernverbund profitieren. „Einkaufskonditionen, Technologiezugriff, Entwicklungsgeschwindigkeit, Produktionstiefe“ sind als Vorteile aufgezählt. Metz müsse nicht mehr jedes einzelne Teil selbst entwickeln, sagt der Manager, „wir müssen möglichst hohe Synergien schaffen.

Den Standort Deutschland will er allerdings nicht aufgeben: „Qualität made in Germany ist ein Versprechen an den Endkonsumenten.“ Deswegen sollen „qualitätsbildende Faktoren“ weiter in Zirndorf bleiben, etwa die Verarbeitung. Metz soll billiger produzieren, aber weiterhin für „wertige, ausgereifte Produkte“ stehen. Es ist ein Spagat.
Anders als Metz mangelt es Skyworth nicht an Größe, mit 37000 Mitarbeitern ist der Konzern einer der führenden chinesischen TV-Hersteller. „Der Markt ist groß, wächst aber nicht mehr“, sagt Jürgen Boyny, Experte für Unterhaltungselektronik beim Marktforscher GfK. Entsprechend umkämpft ist das Massensegment. Die „chinesischen Hersteller müssen eine globale Strategie entwickeln“, erklärt Boyny. „Wer in den Premiumbereich rein will, muss nach Europa expandieren.“ Metz mit seiner starken Marke und dem Zugang zum Fachhandel sei dafür geeignet.
Der chinesische Konzern fährt künftig eine Zwei-Marken-Strategie: Metz steht für Premiumprodukte, die über den klassischen Fachhandel vertrieben werden, der eigene Namen für günstigere Geräte, die man auch über andere Kanäle an den Käufer bringen will. Umgekehrt ist zukünftig denkbar, Metz auf den chinesischen Markt zu bringen. „Made in Germany“ zieht. Man wolle aber nichts überstürzen, betont Kotzbauer.
Die Ambitionen der Chinesen sind groß. „Skyworth wird in Deutschland sein europäisches Entwicklungszentrum aufbauen“, sagt Tangzhi Liu, Präsident der TV-Sparte in der Skyworth Gruppe. In drei Jahren werde man die Geräte auch in Europa verkaufen, in fünf Jahren wolle man einer der drei größten TV-Hersteller sein. „Unser Traum: Wir wollen so stark sein wie das deutsche Fußballteam“. Einfach dürfte das nicht werden: Der TV-Absatz in Westeuropa ist vergangenes Jahr zwar um drei Prozent auf 34 Millionen Stück gewachsen. Gleichzeitig ging der Durchschnittspreis den Marktforschern der GfK zufolge aber um drei Prozent auf 477 Euro zurück.

So ungleich Metz und Skyworth sind:

Ungewöhnlich ist die Partnerschaft nicht. Auch andere Elektronikhersteller, die viele Jahre auf der IFA die Besucherscharen lockten, sind heute in Händen ausländischer Investoren. Grundig etwa gehört schon seit Jahren zum türkischen Hausgerätehersteller Arcelik, TCL kaufte Anfang des Jahrtausends die insolvente Schneider Electronics; auch der Münchner Telefonhersteller Gigaset holt sich mit dem strategischen Investor und Mehrheitseigentümer Goldin Fund Hilfe aus dem Reich der Mitte, um künftig Smartphones zu bauen.

Gerade chinesische Firmen investieren, die Unternehmensberatung EY verzeichnete im vergangenen Jahr über alle Branchen 36 Übernahmen in Deutschland. „Deutsche Unternehmen mit Marken sind in China sehr angesehen“, sagt Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland. Es gehe einerseits um die bestehende Kundenbasis, andererseits um Know-how. „Bei alldem helfen gut positionierte Marken natürlich sehr.“
Ein Selbstläufer sei das nicht, warnt Walter Brecht, Inhaber der Beratung Spirit for Brands. Die Marken hätten zwar respektable Bekanntheitswerte, ihre Zielgruppen seien aber hauptsächlich jenseits der 50 zu finden, und die Inhalte und Botschaften seien häufig in Vergessenheit geraten. Der Markenexperte sieht weitere Probleme: Das Versprechen „made in Germany“ ist nichteinzuhalten, wenn die Produkte  aus der Türkei oder China stammen. Wer eine Marke übernehme, müsse daher „eine neue Differenzierung und Existenzberechtigung im Wettbewerb suchen“.

„Metz bleibt Metz“, betont Firmenchef Kotzbauer auf der IFA. Er muss in den nächsten Monaten beweisen, dass er beides vereinbaren kann: deutsche Qualität und chinesische Preise.